Die wunderbare Welt des Malers
Meerane. Ein gebrechlicher, mühseliger und beladener Papst Johannes Paul II. schaut den unschlüssig zwischen Kindheit und Erwachsensein verharrenden Tom Kaulitz von Tokyo Hotel an - zwei Bilder, zwei Figuren, die die Weite des Blicks und der Gedanken des Chemnitzer Künstlers Axel Wunsch andeuten. Sie dürfen den Jahreswechsel in der Galerie Art In im neuen Kunsthaus Meerane verbringen, inmitten einer großen Ausstellung mit Gemälden, Zeichnungen und Plastiken des 1941 in Kändler geborenen Malers, Grafikers, Plastikers.
Axel Wunsch ist ein Künstler "alter Schule" im besten Sinne: Gut ausgebildet und lebenserfahren beherrscht er sein Handwerk, muss sich deshalb nicht von ihm beherrschen lassen. So, wie im Kunsthaus Meerane von Bibliothek und Buchhandlung bis zur Galerie Art In viele ihr Unterkommen gefunden haben, so finden sich auch in Axel Wunschs Werk viele Bezüge - abstrakte Farbkompositionen liegen ihm eben so wie impressionistische Landschaftsmomente, realistische Zeichnungen eben so wie feinsinnige Porträts.
Das Papst-Bildnis - kein Heldenepos auf das Oberhaupt der katholischen Kirche, sondern das sehr menschliche Porträt eines Mannes, der neben seiner eigenen Geschichte die Geschichte einer Welt mit sich trägt, die er nicht beherrschen kann. Geradezu spürbar die Last auf dem gebrechlichen Körper. Ganz anders gegenüber der junge Tom Kaulitz - mit seiner Band als Teenager berühmt geworden, mit all den damit verbundenen Annehmlichkeiten und Versuchungen, und dennoch auch ein kaum erwachsenes, freches Kind, das seinen Weg sucht. Das ist großartige Porträtkunst, die psychologisierende Deutungen nicht in den Vordergrund stellt, aber ganz selbstverständlich zu ihrem Bestandteil macht, wie das einst etwa bei Goya oder El Greco zu sehen war - und die heute eher zu den Seltenheiten gehört.
Daneben zauberhafte Landschaften, aus dem Vogtland oder die "Kirche in Wohlfahrt" etwa, keine Dorfidylle zaubert, aber einen geliebten Ort, der seine Vergänglichkeit und seinen Wandel ohne Wehmut einschließt. Und doppeldeutigen Humor nicht ausschließt, wie die "Vogtländische Ziege", die Menschen und Landschaft im Bild dominiert. Wie überhaupt Tiere als oft mehrdeutige Sinnbilder für das Leben eine große Rolle bei Axel Wunsch spielen, mit denen er oft im Sinne des Wortes spielt.
Dieses "schillernde Entgleiten", wie es Mathias Lindner von der Chemnitzer Neuen Sächsischen Galerie nennt, das sich jeder all zu simplen Einordnung entzieht, macht den Reiz der repräsentativen sehr malerischen Werkschau aus, die zudem in den neuen, großzügigen Galerieräumen wunderbar zur Geltung kommt - bis hin zu den Kleinplastiken, die vom Fensterbrett aus einen schönen Blick auf den Meeraner Markt haben. Den lobt auch Galerieleiterin Barbara Zückmantel, die aber vor allem schwärmt: "Das Haus funktioniert!"
Die Mischung aus kommerziellen und kulturellen Mietern in dem ehemaligen Kaufhaus, das nun der Stadt gehöre, bringe tatsächlich auch neues Publikum: "Wir haben hier wesentlich mehr Betrieb als in der alten Galerie", freut sich Barbara Zückmantel, der Umzug habe sich gelohnt. Zumal auch noch die Dauerausstellung über Erich Knauf und Werner Bochmann Haus einziehen soll. Besser als mit einem solchen Haus kann man die Bedeutung, die eine Stadt der Kultur beimisst, in Zeiten knapper kommunaler Kassen kaum zeigen.
Source: http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/KULTUR/1651070.phpBeulFickTaum pour la P.O.